Clavia Nord - Modular
Der neue Favorit in meinem Studio

         Uff, das war eine schwere Entscheidung für mich! Ich hatte in der Vergangenheit den großen Fehler begangen und praktisch alles an Instrumenten verkauft was nicht mit Midi arbeitete. Zum einen war es Frust darüber, daß ich am neuen Wohnort nun niemand mehr zum gemeinsamen Improvisieren hatte und die Geräte lange Zeit ungenutzt verstaubten, zum anderen lag es auch daran, daß ich es nie zu meinem Traumsystem gebracht hatte. An anderer Stelle schrieb ich ja schon über das Pech mit den tollen BME-Geräten. Ich hätte mir die Systeme nicht immer abschwatzen lassen sollen und gleich zu Beginn eines aufbauen und behalten sollen - naja, hinterher ist man immer schlauer.
        Im Frühjahr 1999 endlich sollte es jedoch endlich sein: Ein Modularsystem mußte unbedingt wieder her. Ein System, daß zumindest meine alten, geliebte Roland-Kisten (diese selbst umgebauten System 100-Kästen) und den ARP 2600 ersetzen könnte.. Ich war anfangs noch guter Dinge,  gab es doch seit kurzem wieder einige Hersteller, die solche Geräte anboten. Ich will mich hier nicht in Details verlieren, lest einfach die Berichte über das Doepfer A-100, das RSS-System und den Selector von Technosaurus - Ich schob also wieder Frust weil nichts von alledem in Frage kam. Einzig das Selector hat mir mit Einschränkungen gefallen, ist aber für mich unbezahlbar, ca 30.000 DM hätte ich anlegen müssen... puh! Ich mußte mich also mit dem Gedanken vertraut machen, daß es mit der gewohnten Bedienung vorbei sein würde: Nichts mehr von wegen "mit einer Hand spielen mit der anderen die Patches simultan verändern" oder "mit beiden Händen patchen was das Zeug hält".. (seufz!) Über das Internet hatte ich mir schon verschiedene Software-Synthesizer-Programme heruntergeladen und diese Demoversionen ausprobiert. Einiges ist zwar ganz gut gemeint, der resultierende Klang ist aber wirklich nie das gewesen, was ich mir unter einem Modularsystem vorgestellt hatte. Also auch keine Lösung.  Da auch monatelange Suche nach gebrauchten Systemen ohne Erfolg blieb, war ich schon kurz davor die Musik gänzlich abzuschreiben und den Versuch zu starten, eine Briefmarkensammlung zu beginnen :-(
     Dann kam ich aber auf der Frankfurter Musikmesse doch nicht am Stand der Firma Clavia vorbei ohne mir deren Geräte anzuschauen - und das war gut so. Ich hatte, muß ich gestehen, so meine Vorurteile weil ich ein weiteres Mal trendige Minitechnik in Minigehäusen für die Technoszene in den knallroten Blechkisten vermutete. Ich hatte mich gründlich geirrt!!
Seit einigen Wochen steht hier gleich neben mir ein nagelneuer Nord-Modular, die Version mit Taststur und 32-stimmig, von Clavia. Viel habe ich noch nicht machen können denn auch der Rest des kleinen Studios mußte noch umgebaut werden und einige Kleinigkeiten werde ich wohl erst im Herbst fertigstellen können - die Zeit rennt einfach davon. Den Modular habe ich aber gleich für meine Synthy-Kurs-CD benutzt. So konnte ich endlich auch passende Klangbeispiele mitliefern und auch die Patches zeigen..
  Aber: "Butter bei die Fische" wie man so schön sagt, was ist denn jetzt das mit den Clavia-Geräten?


Doppelklick vergößert die Bilder!

Technik-Überblick:
    Die Geräte der Nord Modular - Serie sind  virtuell analoge Modularsysteme: In den Gehäusen befindet sich, grob gesagt die ganze Elektronik die zur Klangerzeugung und Steuerung notwendig ist.  18 Knöpfe können mit beliebigen Funktionen belegt werden so das auch ich meiner Gewohnheit, während des Spiels an den Klängen zu "schrauben" nicht ganz abschwören muß. Beim letztlich erfolgtem kostenlosen Update auf die Betriebssystemversion 3.0 hat sich einiges noch stark verbessert. So ist die Anzahl der Soeucherplätze für Sounds nicht mehrauf 100 begrenzt. Die neue, dynamische Speicherverwaltung füllt Nord Modular und Micro-Modular bis zum letzten Bit. In Abhängigkeit des Speicherbedarfs der einzelnen Patches sind so leicht auch weit mehr Plätze möglich. Die Spezial-Prozessoren sorgen für exakte Funktionen und satte Klänge, soviel sei nur mal oberflächlich gesagt. Sicher ist auch, keine Soundkartenlösung  kommt auch nur annähernd an die Qualität heran und die Fehler, die ich bei den vorhin erwähnten "normalen" Modularsystemen antraf, gibt es hier auch nicht wenn auch die Filterresonanz etwas schwach ausfällt (vor allem bei den 24dB-Filtern, die ohne Eingangssignel nicht anschwingen. Möglicherweise ein Fall für ein Update?? (Ist in der neuen Version behoben worden !!)

     Apropos Update: Will man sich einen völlig neuen Klang zusammenbasteln benötigt man dazu einen PC oder einen MAC.  Der Computer und der Modular werden über 2 "Midi-Kabel" miteinander verbunden damit der Datenaustausch klappt. Dadurch, daß der Computer mit der ganzen Klangerzeugung nichts zu tun hat und nur den Aufbau der Patches verwaltet, läuft die Kombination auch ohne die, von PC's gewohnten Abstürze.  Updates sowohl für das Betriebsystem des Modular, neue Versionen des Editor-Programmes, also auch neue, virtuelle Module und eine große Sound.Library stehen im Internet kostenlos auf der Clavia Homepage (http://www.clavia.se/) zum Download bereit, ein sehr guter Service wie ich meine! (Andere Firmen versuchen derweil über teures Spezialzubehör (Disketten mit Sonderformaten usw.) an das Geld der Benutzer zu kommen.)

      Wird am Modular ein Klangprogramm gewählt, erscheint auf dem Monitor des Computers nach 1 oder 2 Sekunden das dazugehörige Patch mit allen Modulen, Patchcords usw..(siehe oben)   Das Editor-Programm ermöglicht es, beliebige Module zusammenzustellen um diese dann mit virtuellen Patchcords zu verbinden.  Während ich früher oft mit einer Klangidee an der Hardware-Grenze scheiterte (.. es fehlt immer ein LFO hier, ein Oszillator da usw..) setzt beim Nord Modular nur die Rechenpower der DSP's Grenzen. Damit diese nicht durch unnötig aufwendige Module belastet wird, gibt es z.B. neben einem großzügig ausgestatteten VCO auch eine Slave-Version. Sollen also nur weitere, parallel mitlaufende Stimmen erzeugt werden, reicht diese Sparvariante völlig aus..  Anfangs war ich skeptisch, ob die DSP-Power wirlich für komplexere Patches ausreicht - sie tut es! Einziger Trick, hin und wieder mal nachsehen ob nicht das eine oder andere Modul durch eine Sparversion ersetzt werden kann.  Ein vollwertiger Tongenerator, der nur zu Modulationszwecken eingesetzt wird, verschwendet so leicht 6% Rechenleistung...
    Es ist schwer diese Modulars zu beschreiben, die Möglichkeiten sind einfach enorm groß zumal auch Module verfügbar sind, die ich zuvor noch in keinem Modularsystem gesehen habe. Der Einfachheit halber liste ich mal die Module der Version 2.1 auf:

        Nord Modular and Micro  Modular V2.1 Modules

IN/OUT GROUP:
 Keyboard voice
 Keyboard patch
 MIDI global
 Audio in
 Keyboard split
 1 output
 2 output
 4 output
 Morph
 Note detection

 OSCILLATOR GROUP:
 Oscillator A:
 Oscillator B
 Oscillator C
 Master Oscillator
 Spectral Oscillator
 Formant Oscillator
 Drum synth
 Oscillator Slave A
 Oscillator Slave B
 Oscillator Slave C
 Oscillator Slave D
 Oscillator Slave E 
 Oscillator Slave FM
 Noise generator
 Percussion Oscillator
 Sine bank

 LFO GROUP:
 LFO A
 LFO B
 LFO C
 Pattern generator
 LFO Slave A
 LFO Slave B
 LFO Slave C
 LFO Slave D
 LFO Slave E 
 Clock generator
 Clocked random step generator
 Random step generator
 Random Pulse generator
 Random generator

ENVELOPE GROUP:
 ADSR envelope generator
 Attack, decay envelope generator
 Envelope follower
 Multi stage envelope
 AHD envelope w/modulation
 ADSR envelope w/modulation

FILTER GROUP:
  Filter A
  Filter B
  Filter C
  Filter D
  Filter E
  Filter F
  EQ Mid
  Shelving EQ
  Vocoder
  Vocal Filter
  Filter bank

MIXER GROUP:
 Mixer with three inputs
 Mixer with 8 inputs
 Gain controller Multiplyer
 Crossfade controller
 Pan controller
 On/Off switch
 4-1 switch
 1-4 switch
 Amplifier
 1 to 2 Fader
 2 to 1 Fader

AUDIO MOD GROUP 
 Clip
 Overdrive
 Wavewrapper
 Quantizer
 Delay line
 Sample and hold
 Diode processing
 Stereo chorus
 Shaper
 Phaser
 Expander
 Compressor
 Inverter and level shifter
 Ring and AM modulator
 Digitizer

CONTROL MOD GROUP:
 Constant
 Smooth
 Portamento A
 Portamento B
 Note scaler
 Note quantizer
 Control signal mixer
 Partial generator
 Key quantizer
 Note+Velocity scaler

LOGIC GROUP:
 Positive edge delay
 Negative edge delay
 Pulse
 Logic delay
 Logic inverter
 Logic processor
 Compare to level
 Compare A B
 Clock divider
 Clock divider fixed

 SEQUENCER GROUP:
 Event sequencer
 Control sequencer
 Note sequencer A
 Note sequencer B
 
 

 

      Eine ansehnliche Menge unterschiedlicher Baugruppen nicht wahr??  Die genauen technischen Daten, die Ausstattung und wieviel Rechenleistung das jeweilige Modul benötigt, steht ausführlich im Prospekt der Firma oder natürlich auch auf der Website unter http://www.clavia.se/modular.htm   Sicher erwartet hier keiner, daß ich aus lauter Begeisterung den gesamten Prospekt abbilde !?

Fazit:
     Meine bisherigen Erfahrungen sind durchweg positiv und vor allem bereue ich es nicht, die Keyboard-Version erstanden zu haben. Ohne erst die ganze MIDI - Maschinerie mit Masterkeyboard usw. anwerfen zu müssen, kann man die Sounds gut ausprobieren und auch zum transponieren von Sequenzen ist das  kleine Keyboard völlig ausreichend.. Eine weitere verblüffende Möglichkeit, man klemmt sich die Kiste unter den Arm und geht zu Freunden zum jammen. Wofür man früher einen LKW brauchte, die 100 oder mehr verschiedenenen "Modulsysteme" passen locker in eine ALDI-Tüte ;-)
         Meine Zusatzempfehlung: Wenn schon Modular, dann die 32-stimmige Version. Es kann dann z.B. 8 stimmig mit 4 verschiedenen Klängen gleichzeitig gespielt werden. Wow!  Wer hätte das gedacht, das aus Modularsystemen polyphone Supermaschinen werden könnten !
    Als Instrument für Bühne und Studio, für Keyboarder mit Freude an ausgefallenen Klängen und für experientierfreudige Klangtüftler gleichermaßen, ist dieses, an der Leistung gemessen,  überaus preiswerte System sehr zu empfehlen!